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 Gerichtsurteile oder andere amtliche Angelegenheiten
Annilie ( gelöscht )
Beiträge:

16.08.2005 11:23
RE: Nichtwissen schützt vor „Strafe“ doch Zitat · Antworten

Nichtwissen schützt vor „Strafe“ doch


Ein Arbeitnehmer muss nach Ansicht mancher Richter die Grundzüge des Kündigungsschutzrechts kennen. Aber gilt das auch uneingeschränkt für die im Kündigungsschutzgesetz vorgesehene Drei-Wochen-Frist zur Klageerhebung gegen die Wirksamkeit einer Kündigung?


Der klagende Arbeitnehmer ist bei der beklagten Arbeitgeberin als Hausmeister beschäftigt. Am 09.06.2004 erhielt er von der Arbeitgeberin die Kündigung. In einem sich unmittelbar anschließenden Gespräch zwischen den Parteien erklärte der Arbeitnehmer, grundsätzlich mit der Kündigung einverstanden zu sein, wenn ihm eine angemessene Abfindung gezahlt werde. Die Arbeitgeberin meinte hierzu, wegen der Zahlung einer Abfindung erst Rücksprache mit dem Personalleiter halten zu wollen.
Mit Schreiben vom 16.07.2004 teilte die Arbeitgeberin dem Arbeitnehmer mit, dass das Arbeitsverhältnis enden werde, da er keine Kündigungsschutzklage erhoben habe. Die Zahlung einer Abfindung lehne sie ab.
Mit Schriftsatz vom 30.07.2004 beantragte der Arbeitnehmer die nachträgliche Zulassung der gleichzeitig erhobenen, aber verspäteten Klage gegen die Kündigung. Er sei durch das Verhalten der Arbeitgeberin von der Anfechtung der Kündigung abgehalten worden. Überdies sei ihm die Drei-Wochen-Frist zur Erhebung der Kündigungsschutzklage nicht bekannt gewesen.
Das Arbeitsgericht hatte den Antrag in erster Instanz zurückgewiesen. Anderer Ansicht war hier das Landesarbeitsgericht München.
Die verspätete Klageerhebung sei gem. § 5 Abs. 1, S. 1 KSchG zulässig gewesen. Denn der Arbeitnehmer habe den Umständen nach keine Veranlassung gehabt, sich innerhalb von drei Wochen nach Zugang der Kündigung gegen diese zu wehren.
Die Arbeitgeberin habe durch ihre Erklärung, die Zahlung einer Abfindung erst noch mit dem Personalleiter besprechen zu wollen, den Eindruck erweckt, dass sie eine einvernehmliche Beendigung des Arbeitsverhältnisses gegen Abfindung ins Auge fasse und sich hierzu noch äußere. Bei dieser Sachlage habe der Kläger aus seiner Sicht darauf vertrauen können, dass das ihm kurz vorher überreichte Kündigungsschreiben noch keine endgültige Erklärung sei, gegen die er sich alsbald wehren müsse.
Die Unkenntnis der Klagefrist könne dem Arbeitnehmer in diesem Fall nicht angelastet werden. Zwar könne der Antrag auf nachträgliche Zulassung der Kündigungsschutzklage nicht allein mit der Unkenntnis der Klagefrist begründet werden. Das bedeute aber nicht, dass schon die Unkenntnis allein eine verspätete Klage ausschließe.
Stelle sich die Lage für den Arbeitnehmer wie in diesem Fall so dar, dass er gegen die Kündigung noch nicht vorgehen müsse, weil der Arbeitgeber deren Geltung entweder grundsätzlich noch in Frage stelle oder die Zahlung einer Abfindung noch im Raum stehe, könne ihm die mangelnde Kenntnis der Frist nicht angelastet werden.



Landesarbeitsgericht München, Beschluss vom 26. April 2005 - 11 Ta 427/04

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