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Dieses Thema hat 11 Antworten
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 Die Promi-ecke und Filmtipps
Ehendunamandu Offline




Beiträge: 16.090

13.06.2004 19:42
RE: Jennifer Nitsch ist tot Zitat · Antworten

Ich dachte heute ich höre nicht gut als im Radio hörte das Jennifer Nitsch tot sein soll.

Angeblich ist sie aus dem vierten Stock ihrer Wohnung in München gestürtzt.
Das kann ich irgendwie so gar nicht glauben.
Wer fällt denn noch heut zu Tage einfach so aus seinem Fenster?

Es macht mich sehr betroffen, denn ich habe sie total gerne als Filmschauspielerin gesehen.

Sie wurde gerade mal 37 Jahre alt.:076:

Gypsy ( gelöscht )
Beiträge:

15.06.2004 20:38
#2 RE: Jennifer Nitsch ist tot Zitat · Antworten

Ja Mandu,

ja, verdammt, mir gings ganz genauso...mich hats wie ein Hammer getroffen, als ich das gehört habe!

Ich hab sie toll gefunden und eine erstklassige Schauspielerin war sie ohnehin! Sie soll wohl viele unglückliche Affären gehabt haben, ständig auf der Suche nach irgendwas, was sie wohl leider nie gefunden hat...wie das bei den meisten Menschen ist, die Drogen konsumieren!

Diese immerwährende, verzweifelte Suche, ohne die Hoffnung, am Ende das gefunden zu haben, wonach man suchte...das kann einen Menschen schon an den Rand des Wahnsinns treiben :018:

Wie tragisch, daß es gerade jene Menschen so oft trifft, die so viel zu geben hätten, und die auch in den meisten Fällen viel gegeben haben. Ich habe mir oft die Frage gestellt, warum das so auffällig ist?!
Die Antwort darauf habe ich (für mich) auch gefunden, aber das würde hier zu weit führen...

Ich bin sehr erschüttert und sehr traurig über diesen Verlust!

Ciao
Tascha
:076:

Ehendunamandu Offline




Beiträge: 16.090

16.06.2004 16:41
#3 RE: Jennifer Nitsch ist tot Zitat · Antworten

Das mit diesen unglücklichen Affären wusste ich nicht.
Ich weiss eigentlich überhaupt nichts privates von ihr.

Meinst du sie hätte auch Drogen genommen?
Meinst du sie hat sich wirklich selbst aus dem Fenster gestürzt?

Hm, deine Antwort die jetzt zu weit führen würde, würde mich aber schon sehr stark interessieren.
Wo und wie kann ich sie erfahren?:005:

Nefertari3456 ( gelöscht )
Beiträge:

17.06.2004 22:29
#4 RE: Jennifer Nitsch ist tot Zitat · Antworten

Es ist immer schrecklich, wenn sich ein Mensch umbringt, doch wer gedenkt denn die vielen tausend anderen Verzeifelten, die sich täglich das Leben nehmen, selbst Kinder in ihrer Not. Da hat jemand einen Namen und schon fällt die Sache unter Volkstrauer! Das finde ich absolut nicht in Ordnung. :018:

[f1][ Editiert von Nefertari3456 am: 17.06.2004 22:36 ][/f]

Ehendunamandu Offline




Beiträge: 16.090

18.06.2004 20:42
#5 RE: Jennifer Nitsch ist tot Zitat · Antworten

Ja Nefi, da hast du recht.
Es scheint aber nun mal in der Natur des Menschen zu liegen das ihn Leute die er meint zu kennen mehr tangieren als Fremde deren Namen man noch nicht mal weiss.

Denke ja nicht es würde mir am A... vorbei gehen wenn ich lese Fr. oder Hr. Hinz und Kunz nahm sich das Leben.
Oder die vielen Kinder die sich nicht mehr nachhause getrauen und lieber von Parkhäusern runterspringen würden mich kalt lassen.
Das macht mich auch immer wieder sehr betroffen.
:076:

Gypsy ( gelöscht )
Beiträge:

21.06.2004 19:47
#6 RE: Jennifer Nitsch ist tot Zitat · Antworten

Hallo Ihr Lieben!

Mich macht jeder Bericht, jeder Hinweis und jeder Artikel über einen Freitod sehr betroffen.
Aber es ist nun einmal so, daß es Steigerungen gibt, das wird bei Dir, Nefi, nicht anders sein!
Höre ich obiges über einen mir völlig Unbekannten, dann denke ich darüber nach, stelle mir tausend Fragen, leide in Gedanken mit den Angehörigen und frage mich, wie sie damit klar kommen!

Höre ich obiges über eine bekannte Persönlichkeit, die ich möglicherweise aus irgendeinem Grunde sehr geschätzt habe (wie im Fall Jennifer Nitsch), dann macht mich das noch betroffener. Zumal ich sein Gesicht kenne, und konkret jemanden vor Augen habe.
Ich frage mich dann dieselben Dinge, wie ich es im ersten Fall beschrieben habe, es kommt aber noch mehr dazu z.B., daß noch so großer Erfolg und noch so viel Geld es offensichtlich nicht schaffen, diese Leere auszufüllen, die viele Menschen nun einmal spüren - prominent oder nicht! Ich trauere sozusagen über den Verlust von Talent und potentiell verlorenen Werken...

Höre ich obiges über einen Menschen, der mir nahe steht, oder schlimmstenfalls aus meinem Familienkreis stammt - daß sich mein Verhalten dann von den beiden oben beschriebenen Fällen um ein Vielfaches unterscheidet...ich glaube, dazu muß ich nichts mehr sagen...

Der Tod ist immer eine endgültige Sache und somit etwas, womit wir Menschen nur sehr schwer zurecht kommen.
Es mag Ausnahmen geben, vor allem wohl in anderen Kulturkreisen, aber in unserer "Welt" geht es sicher den meisten so oder so ähnlich.
Und daß bei den Empfindungen zum Tod der jeweils Tote eine gravierende Rolle spielt - das liegt in der Natur der Sache bzw., des Menschen (wie Mandu oben schon sagte)

Einen lieben Gruß
Tascha

Ehendunamandu Offline




Beiträge: 16.090

22.06.2004 12:30
#7 RE: Jennifer Nitsch ist tot Zitat · Antworten

Gestern habe ich gelesen wie es Jennifer erging.
Sie hatte zwei Abtreibungen hinter sich, obwohl sie eigentlich Kinder wollte, aber Angst vor der Verantwortung hatte.

Sie nahm Drogen und war dem Alkohol sehr zu getan.
Das erklärt mir dann auch ihren Sprung aus dem Fenster.

Unter Einfluss von den "richtigen" Drogen ist ein Fenstersprung eine wirklich grosse Versuchung und ein Kinderspiel. Da rede ich aus Erfahrung...:073:

Es tut mir so unendlich leid um sie und um alle anderen Menschen die sich "ausversehen" oder ganz bewusst das Leben nehmen.
Wie furchtbar mussten sie wohl leiden?
Wie verzweifelt mussten sie sein?

Für mich ist das Leben auch sehr oft nicht leicht, aber ich bin heilefroh darüber das ich es trotzdem immer wieder schaffe und meinen Lebenswillen nicht verliere.
Ich bin froh das ich so stark bin jeden Tag zu bestehen.
Trotz dem ganzen Gesellschaftszwang, die Intoleranz, die Grausamkeiten, die Ignoranz, der Geltungssucht der Menschen usw. alles was einem das Leben schwer macht.
:011:

Jennifer und viele andere haben es leider nicht geschafft:077:

Gypsy ( gelöscht )
Beiträge:

22.06.2004 23:10
#8 RE: Jennifer Nitsch ist tot Zitat · Antworten

Ich habe gestern gelesen, daß sie einen enormen Alkoholgehalt von ca. 3 Promille im Blut hatte!!!
In diesem Zustand kann man sich nicht mehr "bewußt" umbringen, das kann nur ein tragischer Unfall gewesen sein, oder es hat jemand nachgeholfen.

Daß es allerdings zu dieser exessiven Konsumiererei von Alkohol und Drogen kam, hat natürlich seine Ursachen in ihrer Lebensmüdigkeit gehabt, was ja auch einige "Freunde" bestätigt haben.
Ist das nicht eine Tragödie, Kinder zu wollen, dann auch schwanger zu werden, und dennoch letztendlich abzutreiben - aus Angst vor der Verantwortung...das ist wirklich tragisch und bekümmert mich, die ich selber oft Schwierigkeiten mit Verantwortung habe...

Mandu, Du hast so recht!
Es gibt leider so unendlich viele Menschen, die mit genau diesem Leben uns seinen Anforderungen nicht zurecht kommen.
Die einen kämpfen sich freudlos durchs Leben, die anderen ziehen die Konsequenz und wählen den Freitod!

Wirklich traurig
:075:

Nachdenkliche Grüße
Tascha
:043:

Ehendunamandu Offline




Beiträge: 16.090

27.06.2004 17:53
#9 RE: Jennifer Nitsch ist tot Zitat · Antworten

Heute habe ich in den News von Aol die "neusten Neuigkeiten" über Jennifers Tot gelesen.
Ich werde sie mal hier lassen, falls sie jemanden interessieren...

"Sie hat den Schmerz nicht ausgehalten"

Aus dem Fenster ihrer Dachgeschosswohnung stürzte Jennifer Nitsch am 3. Juni in den Tod.

München - Jennifer Nitsch, die aus ihrer Münchner Dachgeschosswohnung in den Tod stürzte, litt angeblich am Borderline-Syndrom. Dabei handelt es sich um eine Persönlichkeitsstörung zwischen Neurose und Psychose.

Nitsch habe systematisch ihren Körper zerstört und ein anstrengendes Doppelleben geführt, um ihr schlimmes Leiden zu verheimlichen, enthüllt die Freundin der Schauspielerin, Eva Sartorius, in der Zeitschrift "die aktuelle".

In Reha-Klinik kennen gelernt

Sartorius ist fest davon überzeugt, dass Jennifer Nitsch absichtlich in den Tod gesprungen ist: "Sie hat den Schmerz nicht mehr ausgehalten", meint die Freundin. Aus eigener Erfahrung wisse sie, wie Borderliner das Ende minutiös planen, wie sie sich verabschieden und fühlen: "Wir bringen uns so um, dass unsere entstellten Körper Erklärung genug sind für unser hässliches, kaputtes Innenleben...."

Der TV-Star aus dem Rheinland und die junge Frau, die sich jetzt öffentlich zu Wort meldet, haben sich in einer Reha-Klinik am Tegernsee kennen gelernt. "Das war im Sommer 1998. Ich kam direkt aus der geschlossenen Psychiatrie. Jenn war auch da...", berichtet Sartorius über Nitsch, die sie "Jenn" nennt.

"Jenn ritzte sich auch"

In der Zeitschrift schildert die junge Mutter eines vierjährigen Jungen: "Ich habe schon sechs Selbstmordversuche hinter mir. Mein größtes Problem war das Ritzen. Jenn ritzte sich auch". Mit einer Rasierklinge oder Scherben schneiden sich diese Frauen in die Haut, bis sie blutüberströmt sind.

Auslöser des Borderline-Syndroms sind oft traumatische Erlebnisse in der Kindheit. Sartorius wurde von ihrer Mutter nach der Geburt im Krankenhaus zurückgelassen und kam zu Adoptiveltern. "Bei Jenn war das anders. Sie hat mir erzählt, dass sie sexuell missbraucht worden ist - von wem, weiß ich nicht".

Niemals endgültige Sicherheit?

Nitsch war am 3. Juni bei einem Sturz aus einem Fenster ihrer Münchner Dachgeschosswohnung ums Leben gekommen. Die rechtsmedizinischen Untersuchungen ergaben, dass die 37-jährige einen Alkoholwert von 3,1 Promille im Blut hatte. Nach Ansicht der Staatsanwaltschaft wird sich wahrscheinlich nie mit endgültiger Sicherheit klären lassen, ob es sich bei der Tragödie um Selbstmord oder einen Unfall handelt. (md/ddp/dpa)

Tatzee ( gelöscht )
Beiträge:

05.09.2004 08:42
#10 RE: Jennifer Nitsch ist tot Zitat · Antworten

Sterne am Himmel und Stars im Fernsehen können die gleiche banale Illusion sein. In beiden Fällen sieht der Zuschauer gelegentlich noch ein Funkeln, während die Quelle schon erloschen ist. Sternenglanz wie Star-Glamour brauchen eben ihre Zeit, bis sie uns erreichen. Die Berliner Filmproduzentin Regina Ziegler, 60, weiß das durchaus.

Jennifer Nitsch war ein deutscher Star. Ein Fernsehgesicht. Sie galt als ziemlich bedeutende Schauspielerin. Sie kam einst in Dieter Wedels "Schattenmann" groß raus. Sie wurde mit dem Bayerischen Filmpreis ebenso dekoriert wie mit dem Adolf-Grimme-Preis. Am Freitag (10. September, 20.15 Uhr) zeigt die ARD sie in ihrer letzten großen Hauptrolle und suggeriert damit zugleich eine Gegenwart, die es nicht mehr gibt: In "Judith Kemp" spielt Nitsch eine allein erziehende Anwältin.

Die Figur lebt. Der Mensch ist tot.

Regina Ziegler hat den 90-Minuten-Film produziert. Sie kannte Nitsch seit 15 Jahren. "Das gibt es ja manchmal, dass man sich in die Augen schaut und spontan mag." Danach haben die beiden sich wieder und wieder getroffen, geredet und getratscht, telefoniert, Filme gedreht und neue Rollen entwickelt.

Vor ein paar Monaten bekam Frau Ziegler ein Päckchen, in dem ein roter Plissee-Mantel lag - "Liebe Grüße von Jenny". Die Schauspielerin hatte bei der Modenschau einer befreundeten Designerin gemodelt und sich als Gage den Mantel für ihre Produzentin ausgesucht. So sei sie gewesen: "spontan, herzlich und kommunikativ".

"Judith Kemp" wurde im März und April in Berlin gedreht. Ziegler hatte den Eindruck, dass Nitsch gerade "sehr verliebt" war und dass es "was Ernstes" sein könnte. Für Mitte Juni war ein gemeinsames Frühstück verabredet am Rande des Kölner Medienforums. Die ARD-Tochter Degeto hatte das zweite Drehbuch schon in Auftrag gegeben. "Judith Kemp" sollte zu einer lockeren Reihe ausgebaut werden. Zwei, drei Fortsetzungen pro Jahr. Auch darüber wollte man reden. Wenige Tage vor dem Treffen starb die Schauspielerin.

Am Sonntag, 13. Juni, kletterte die 37-Jährige gegen 13 Uhr aus dem Fenster ihrer Wohnung in der Münchner Franz-Joseph-Straße, sagen Zeugen aus. "Bild" lässt später nachrechnen, dass Nitsch mit 56 Stundenkilometern auf dem Boden aufschlug. Sie war sofort tot.

Es fand sich weder ein Abschiedsbrief noch ein Testament. Die Obduktion kommt zu dem Ergebnis, dass sie rund 3,1 Promille Alkohol im Blut hatte sowie Spuren eines Schmerzmittels. Sie hatte die Nacht zuvor lange gefeiert. Am Sonntagnachmittag war sie um halb zwei mit einer Freundin für ein Straßenfest verabredet. Kurz vor ihrem Tod schickte sie ihrem Vater ein Fax, dass sie sich auf ihn freue. Sie wollte ihn am gleichen Wochenende treffen wie ihre Produzentin Ziegler. Das sind die Fakten.

Wer die Hintergründe dieses Todes nachzuzeichnen versucht, klammert sich an diese Fakten wie ein Schiffbrüchiger an Treibholz. Denn die Spurensuche führt sehr schnell in einen brackigen Morast aus Hörensagen, Getuschel und Gerüchten im Treibhaus der Münchner Society.

Regina Ziegler erfährt noch am Sonntagnachmittag vom Tod ihrer Hauptdarstellerin. Ihr Mann sagt, sie solle mal schnell auf den Videotext schauen im Fernsehen. "Es ist besser, so etwas zu lesen als zu hören", sagt sie heute. Danach begann das Telefon zu klingeln und hörte nicht mehr auf. Journalisten wollten Stellungnahmen. Kollegen fragten nach den Hintergründen. Sie ging bald nicht mehr ran.

Nitsch starb nicht nur auf dem Bürgersteig, sondern auch auf dem Boulevard. Statt im Feuilleton wurde sie auf den bunten Seiten der Yellow Press beerdigt mit all der bei solchen Begräbnissen üblichen, aber hier besonders schrillen Begleitmusik.

Früher reichten Journalisten zur Beschreibung ihrer Person meist ein paar Eckdaten: Sie war zwei, als die Eltern sich scheiden ließen, wuchs in einem Bad Godesberger Internat auf, machte eine Lehre als Kostümbildnerin und bekam schließlich erste Winzrollen in Serien wie "Der Alte", "Derrick" oder "Forsthaus Falkenau". So begann ihre Karriere.

Bald wurde sie mal als unnahbare, mal als starke Blondine und "deutsche Sharon Stone" porträtiert, wobei einem auch zu Frau Stone nicht viel mehr einfällt als jene Filmszene aus "Basic Instinct", in der sie die Beine übereinander schlägt und angeblich keinen Slip unter dem Rock trägt. Was sagte das aus, "die deutsche Sharon Stone" zu sein? Man kannte sie eigentlich nicht, lernte sie dann aber schnell kennen.

Nur wenige Stunden nach dem Fenstersturz meldete der Internet-Dienst Bunte. t-online.de, Nitsch habe sich bereits früher mehrfach die Pulsadern aufgeschnitten und sei wohl schon als Kind missbraucht worden.

In den folgenden Tagen und Wochen tauchen unglaublich viele vermeintliche Bekannte, Freunde und Vertraute auf - meist ohne Namen, aber mit immer neuen Geschichten: Sie berichten selbst in der "Süddeutschen Zeitung" von "Alkohol- und Kokainexzessen, von wechselnden Partnern und der Neigung zur Auto-Aggression".



Ausschnitte der Berichterstattung zum Fall Nitsch: Tote bieten im großen Medien-Monopoly einen entscheidenden Vorteil - sie fordern keine Gegendarstellung mehr
Mal hat Nitsch vor ihrem Tod eine Brustvergrößerung geplant ("Abendzeitung"). Mal litt sie unter Bulimie ("Bunte"). Mal hatte sie gerade eine Abtreibung ("die aktuelle") - garniert mit dem Hinweis, der Vater sei "eine namhafte Größe aus der Filmbranche" ("Abendzeitung") und der Schwangerschaftsabbruch nicht der erste gewesen. Die Orakel reichten bis zu einem Mordkomplott der Drogenmafia.

Wer alles liest, was seit dem 13. Juni über sie erschien, der muss die deutsche Sharon Stone für eine koksende Nymphomanin halten, die sich selbst verstümmelte, weil sie schon als Kind missbraucht wurde, unter Magersucht wie Männern litt und Wodka-geschwängert von einer Psychotherapie in den nächsten Selbstmordversuch wankte.

Weshalb haben Blätter, die da sonst nicht zimperlich sind, derlei nicht früher berichtet? Wussten sie es nicht? Verschwiegen sie es höflich? Oder stimmt das Gros des hastig Kolportierten einfach nicht?

"Es war eine furchtbare Melange aus Latrinenparolen und aufgebauschten Nichtigkeiten, irrwitzigen Verschwörungstheorien und schlichten Lügen, angerührt von einem Haufen Spinner und Wichtigtuer", sagt der Münchner Anwalt Viggo von Wietersheim, der seit rund zehn Jahren Jennifer Nitschs juristische Geschäfte erledigte.


Beispiel Drogen: Die Toxikologen fanden keinerlei Reste von Kokain oder Ähnlichem im Blut der Toten. Die Ermittler entdeckten auch in ihrer Wohnung keine Spuren von Drogen. Die Staatsanwaltschaft mutmaßt allenfalls, dass sie enorm trinkfest gewesen sein muss. Anders sei kaum zu erklären, dass jemand mit 3,1 Promille überhaupt noch in der Lage ist, aus einem Fenster zu klettern.


Beispiel Mordtheorie: Nitschs Wohnungstür war laut Ermittlungsbericht von innen "mit einem versperrten Kastenschloss mit Sperrbügel gesichert". Die Feuerwehr habe die Schiene mit einem Bolzenschneider knacken müssen. Es gebe keinerlei Anhaltspunkte für Fremdverschulden. Die Staatsanwaltschaft München I schließt den Fall (AZ 120 UJS 712951/04) zügig ab. Die Frage, ob der Sturz ein tragischer Unfall war oder Selbstmord, sei nicht zu klären, strafrechtlich aber auch nicht relevant, sagt Staatsanwalt Anton Winkler.


Beispiel Missbrauch: Anwalt und Eltern versuchten, dem Gerücht nachzugehen, fanden aber keinerlei Hinweise oder gar Belege. Selbst Vertraute der Schauspielerin haben davon nie etwas gehört. Andere glauben, sie könne sich die Legende zu Lebzeiten selbst zurechtgelegt haben, um ihre Biografie interessanter zu gestalten.


Spätestens hier wird klar, wie vermint das Gelände der Wahrheitssuche bisweilen ist. Aber selten zuvor öffnete sich auch innerhalb weniger Stunden eine derart breite Kluft zwischen alten und neuen Bildern der Berichterstattung.

Ähnliches geschah mit Walter Sedlmayr, einst gemütlich-dicker Darsteller des Oberbayern, der nach seinem gewaltsamen Tod in den Medien zum sadomasochistischen Ferkel degradiert wurde. Und mit Roy Black, der immer als Schwiegermuttis Liebling galt und nach dem Suizid zum Zeit seines Lebens depressiven Tablettenschlucker abgestempelt wurde. Und mit dem posthum ausgeweideten schwulen Doppelleben seines Gesangskollegen Rex Gildo.

Der Tod kommt gelegentlich zweimal. Und manchen Toten, die dieses mediale Fegefeuer überleben wie James Dean oder Elvis Presley, Prinzessin Diana oder Marilyn Monroe, wird danach eine Wiederauferstehung zum Mythos gegönnt. In dieser Region spielen Fakten keine Rolle mehr.

Aber welche Jennifer Nitsch war die Echte? Die starke Blondine? Die kaputte Halb-Irre? Beide? Keine?

"Sie war keine Selbstmordkandidatin", sagt der Münchner Fotograf Roger Fritz, der sie seit Jahren kannte. "Dazu war sie viel zu lebenslustig und zu positiv." In der Nacht vor dem Tod gehörten Fritz und seine Frau Margit zu den Letzten, mit denen Nitsch gefeiert hatte. Gegen halb drei sei man auseinander gegangen.

"Sie hat viel gearbeitet. Und wenn sie in Drehpausen mal in München war, hat sie ein paar Freunde getroffen und sich ausgetobt. Das war alles", sagt Fritz.

Das halbe Dutzend vermeintlicher Ex-Nitsch-Liebhaber, das "Bild" zu einem Zeitpunkt auffuhr, als die Tote noch nicht einmal beerdigt war, ist bei der Spurensuche wenig hilfreich. Der Schauspieler Matthieu Carrière war früher mit ihr liiert und wird mit dem Satz zitiert, sie sei eine Kerze gewesen, die an beiden Enden brannte. Von Dieter Wedel heißt es: "Sie brannte wie eine Kerze an zwei Enden." Hatte Wedel auch mal ... ? Oder durchwatet er nur gern den gleichen Phrasenschlamm?

Überhaupt der Wedel! Regina Ziegler strafft sich. Wedel ist überall damit zitiert worden, Nitsch habe Koks genommen wie andere Leute Schnupftabak. Und irgendwie sei die ganze Branche schuld gewesen an ihrem Sturz, weil es auch keine anspruchsvollen Rollen mehr gebe für Schauspielerinnen wie sie. Auch Tote können für Thesen missbraucht werden.

Frau Ziegler ist im gleichen Metier zu Hause wie Wedel. Wenn der Regisseur eine Art Dompteur seiner Schauspieler abgibt, dann ist sie als Produzentin eine feurige Zirkusdirektorin. "Aber was Wedel da von sich gab, war unsäglich."

Im Fall Nitsch geht es nicht nur um Grenzen des Respekts oder die Frage nach dem wahren Ich einer Schauspielerin. Die Mutmaßungen über J. geraten auch zu einer Reflexion journalistischen Selbstverständnisses. Wie viel Wahrheit transportieren Porträts und Interviews, egal ob mit Show-Größen oder Politikern, Wirtschaftsbossen oder Künstlern? Wie nah kommt der Berichterstatter dem Objekt seiner Neugierde? Kurz: Wie viel Lüge ist allein in der täglichen Suche nach Wahrheit verborgen?

Es ist ein großes und auch ökonomisch bedeutsames Spiel um öffentliche Kontrolle und kontrollierte Öffentlichkeit. Es wird gespielt von PR-Profis und Agenten, von Prominenten und Berichterstattern. Es geht um Images. Überall.

Geständnisse, Beichten und die Enthüllung letzter Geheimnisse werden auf Termin gelegt - zum Buch-, CD- oder Tourneestart. Authentizität wird nicht immer mitgeliefert. In jüngster Zeit musste eine Vielzahl von Autobiografien vom Markt genommen werden, weil sie sich schlicht als Fälschungen herausstellten. Zuletzt traf es Norma Khouris Bestseller "Du fehlst mir, meine Schwester", in dem sie von ihrer Freundschaft zu einer Jordanierin erzählt, die wegen der Liebe zu einem Christen vom eigenen Vater getötet wird.

Gelegentlich erlaubt das System zwar auch die öffentliche Entschuldigung als Resozialisierungsmaßnahme wie im Fall von Michel Friedman, den man zwar für schrecklich eitel, aber auch moralisch integer gehalten hatte - bis bekannt wurde, dass er kokste und sich osteuropäische Prostituierte aufs Hotelzimmer bestellte. Doch solche Fälle zeigen auch, wie weit Wahrnehmung und Wirklichkeit gelegentlich auseinander driften können.

Tote bieten im Medien-Monopoly einen entscheidenden Vorteil: Sie fordern keine Gegendarstellungen mehr. "Die Hemmschwelle mag dann bei manchen Medien niedriger sein", glaubt "Bunte"-Autor Paul Sahner.

Jennifer Nitsch kann sich nicht mehr dagegen wehren, dass "Bild" auch noch ihre zugedeckte Leiche präsentierte. Der Voyeurismus wurde mit der scheinheiligen Frage "Löst dieses Foto das Rätsel um den Todessturz?" kaum kaschiert.

Inzwischen haben sich alle Akteure verausgabt. Der "Bild"-Unterhaltungschef wirkt am Telefon gehetzt und sagt, er sei in den Nitsch-Wochen im Urlaub gewesen und könne gar nix dazu sagen, verspricht aber, einen Kenner der Materie in der Redaktion zu vermitteln. Der Rückruf kommt nie.

Nitschs Agentin Carla Rehm möchte nichts mehr sagen, nachdem sie sich in manchen Storys kaum mit der Wahrheit wiederfand. Die Schauspielkollegin Birgit Stein erzählt, wie sie durch den Anruf eines Boulevardblattes zur engen Freundin und Vertrauten gemacht wurde, obwohl sie mit Nitsch nur gelegentlich telefoniert habe.

Die Eltern der Toten haben sich zurückgezogen, was nicht weiter verwundert, weil auch das geschiedene Ehepaar nach allen Regeln des Geschäfts auseinander genommen wurde. Die Schlagzeilen reichten vom angeblichen Streit über die Begräbnismodalitäten bis hin zu einem vermeintlichen Erbkrach, den es nie gegeben habe, sagt Anwalt Wietersheim.

Mal wurde Wolfgang Nitsch ein uneheliches Kind unterstellt. Mal soll er geplant haben, einen Detektiv in Münchens Drogenszene nach den wahren Verantwortlichen suchen zu lassen. Mal wird behauptet, er sei zur Trauerfeier bei Bonn vom Rest der Familie nicht in die Kirche gelassen worden. "Alles totaler Quatsch", sagt Wietersheim.

Regina Ziegler hat schnell aufgehört, "diesen ganzen Dreck" zu lesen. Sie glaubt nicht mal an den Selbstmord. "Wie soll man mit 3,1 Promille noch so eine Entscheidung fällen?" Außerdem sei Jennifer Nitsch eine Ästhetin gewesen - nie hätte sie sich halb nackt auf die Straße geworfen. "Ich habe für mich beschlossen, dass es ein Unfall war." Natürlich könne man sich fragen, wie jemand überhaupt derart viel Alkohol verträgt. Natürlich sei Jennifer Nitsch ein Mensch mit vielen Gesichtern gewesen. "Aber wer ist das nicht?" War sie eine verletzliche oder auch eine verletzte Frau? "Beides."

"Ich habe in meinem Leben so viele Fehler gemacht. Da kommt es auf den einen auch nicht mehr an", sagt Nitsch in einer Szene als Judith Kemp mit jenem melancholisch-durchdringenden Blick, den man von ihr kannte. Bei Ebay wurde gerade ein Exemplar des sechsseitigen Presseheftchens versteigert, das die ARD zum Film an Redaktionen verschickte. Normalerweise verschwinden solche PR-Päckchen schnell in den Papierkörben. Das zu "Judith Kemp" brachte am Ende der Auktion 45,50 Euro.

Frau Ziegler findet das alles unfassbar. Sie will die Schauspielerin in Erinnerung behalten, nicht die Psychopathin, die in den vergangenen Monaten aus ihr gemacht wurde.

Sie will das Funkeln sehen. Es ist eine so banale Illusion. Sie weiß das durchaus. Aber es ist in all seiner professionellen Inszenierung auch ein Stück Wahrheit.


aus: Spiegel online

Natascha030 ( gelöscht )
Beiträge:

05.09.2004 09:44
#11 RE: Jennifer Nitsch ist tot Zitat · Antworten

Liebe Tatzee,

wow, was für ein Eintrag? Erst habe ich vermutet, dass Du (wie ich) in der Branche arbeitest, habe aber dann unten gelesen, dass es wohl ein Beitrag von spiegel-online ist, was den Inhalt für mich natürlich um keinen Preis eine andere Note gibt!

Ich hasse (und wenn ich dieses Wort schreibe, dann muss es schon schlimm sein!) diesen Schweinejournalismus!

Abschliessend kann ich nur sagen, dass diese Branche (Film- und TV) eine ganz andere Welt ist. Ich habe mit einigen, die in dem Bericht stehen, zusammen gearbeitet und weiss, dass sie nicht so sind, wie es die Medien dargestellt haben.

Den Film werde ich mir natürlich auch ansehen....

Nochmals vielen Dank für das Posten dieses Beitrages, für mich bisher der Beste im FGB, wobei ich aber auch sagen muss, dass ich noch nicht alles gelesen habe...

Ich wünsche allen hier einen schönen Sonn(en)tag,

Natti aus B ä rlin :004: :027: :009:

Ehendunamandu Offline




Beiträge: 16.090

05.09.2004 12:30
#12 RE: Jennifer Nitsch ist tot Zitat · Antworten

Da muss ich mich Natti anschliessen.

Vielen lieben dank Tatzee für deine Mühe und dem Beitrag.

Er hat so einiges für mich geklärt, was mich immer wieder beschäftigt.

Unsere "Pressefreiheit" widert mich auch immer wieder von neuem an.
Es ist unglaublich was da alles erlaubt ist.:052:

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